Kunst am Wegesrand (6): Antony Gormleys „Steht und fällt“ im Bundestag

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Die Abgeordneten des deutschen Bundestages sind zu beneiden. Sie dürfen im Vorübergehen etwas sehen, was der Normalbürger nur erleben kann, wenn er sich als Gast in den Bundestag einladen lässt.

Es ist das Kunstwerk „Steht und fällt“ des britischen Bildhauers Antony Gormley im Jakob-Kaiser-Haus. Dort, wo viele der 620 Abgeordneten ihre Büros haben. Auf den ersten Blick sind die eigens für diesen Ort entworfenen Skulpturen kaum zu erkennen, weil sie über einen Innenhof verteilt sind. Es handelt sich um menschliche Figuren in Orginalgröße. Das Modell dafür war Gormley selbst, wie in so vielen seiner Werke.

Diese fünf Figuren spazieren die Fassade entlang. Nicht klettern, wohlgemerkt. Nein, sie scheinen die Senkrechte relativ problemlos hoch gehen zu können. Als ob sie Spiderman wären. Sie sind sie als Pärchen unterwegs, aber auch alleine. Der Betrachter stutzt, wenn er sie entdeckt, denn die Gesetze der Physik scheinen aufgehoben. Man verdreht unweigerlich den Kopf und betrachtet Gormleys Geschöpfe aus verschiedenen Blickwinkeln, um das Geschehen geometrisch wieder in eine verständliche Ordnung zu bringen. Vielleicht nicht das Schlechteste, während eines dicht gedrängten Berliner Politiktages mal in den Innenhof zu blicken und ein paar Miunuten lang Gormleys Rätsel-Wesen zu beobachten.

Zu dem Kunstwerk gehört es auch, dass der Innenhof geflutet ist und nur ein schmaler Steg auf die Wasserfläche führt. Wer ihn betritt, der wird selbst zum Teil der Installation.