Ein Porträtfoto von mir für alle, die mich nicht mehr sehen wollen

Der mit dem grünen Eimer über dem Kopf – das bin ich. Als vorübergehender Bestandteil einer Ausstellung. Ich stand 60 Sekunden so da. Versuchte, den mir von höherer Stelle erteilten Auftrag „Und an Fichte denken“ zu erfüllen. Während über mir verkehrt herum aufgehängte Nordmanntannen schwebten.

Der Künstler, nach dessen Anleitung ich das getan habe, heißt Erwin Wurm. Ich bin damit zu einer berühmten One Minute Sculptures geworden. Aber Erwin Wurm kann noch weit mehr, als Ausstellungsbesucher dazu zu bringen, sich einen lindgrünen Plastikeimer über den Kopf zu stülpen. Er lässt Häuser so fett werden wie ihre Besitzer. Sie haben richtige Speckwülste, sind völlig aus den Fugen geraten. Er platziert einzelne Salatgurken auf Podesten und erhebt sie so in den Rang von Kunstwerken. Er stellt in einer leeren Vitrine Luft aus. Manches erinnert in seiner schrägen Art an Karl Valentin. Große Kunst, über die man auch schmunzeln kann. Das kommt nicht oft vor.

Nicht nur ich habe mir den Eimer über den Kopf gestülpt. Auch eine andere Ausstellungsbesucherin hat das gleichzeitig mit mir gemacht. Ihr Auftrag: „Und an Tanner denken“. Auch nicht gerade leicht. Erwin Wurm (60) stellt unsere Welt auf den Kopf. Schäbige Cordsessel lässt er in Bronze gießen und verleiht ihnen damit eine an die Ewigkeit gemahnende Bedeutung. Er lässt  Wärmflaschen Beine wachsen und er schrumpft ein Doppelbett auf Handtuchbreite. Von den 45 ausgestellten Kunstwerken sind die meisten eigens für diese Ausstellung entstanden.

Die Ausstellung „Fichte“ im Kunstmuseum Wolfsburg ist bis 13. September 2015 geöffnet. Vor dem Eingang erwartet die Besucher übrigens eine Currywurstbude in Gestalt eines von Erwin Wurm entworfenen adipösen VW-Busses. Was sonst sollte es auch in Wolfsburg sein.