„Mit einer Handvoll Dreck unter der Zunge, singe ich dir ein halbes Liebeslied.“

Wie so viele begeisterte Berliner stammt der Schriftsteller Hans-Ulrich Treichel gar nicht aus Berlin. Er ist gebürtiger Ostwestfale. Vielleicht ist ja gerade deswegen sein Blick auf die geteilte und wiedervereinigte Hauptstadt so liebevoll.

Er fotografiert sie, er schreibt Verse, Geschichten und Romane über sie. Einen Einblick in seine ehrliche und deswegen zwangsläufig nicht immer charmante Berlin-Literatur gibt die 2011 erschienene Sammlung „Endlich Berliner“ (170 Seiten, Insel-Verlag, 8,99 Euro). Treichel berichtet von seiner Ankunft im alten Westberlin, von einem Sommertag in Friedenau und vom Großen Wannsee. Die Zeile aus der Überschrift stammt übrigens aus dem Gedicht „Halbes Liebeslied für Berlin“ (1987).

Hans-Ulrich Treichel erzählt uns, dass er erst in den 90er Jahren, nach jahrzehntelangem Aufenthalt in der Stadt, die verkehrsumtoste Mittelinsel auf dem Ernst-Reuter-Platz zum ersten Mal betrat. Er habe sie sich „bis dahin immer offengelassen“. Ich übrigens auch. Bisher habe ich im Vorüberfahren stets nur japanische Touristen dort gesehen. Nun muss ich mich doch einmal, zu Treichels Ehren, auf den Weg dorthin machen. Vielleicht mit dem Buch „Endlich Berliner“ in der Tasche. Vielleicht im Sommer, wenn ich mich auf den Boden setzen und den Verkehr zehn Minuten lang um mich herum kreisen lassen kann.

 

2 Kommentare zu “„Mit einer Handvoll Dreck unter der Zunge, singe ich dir ein halbes Liebeslied.“

  1. Und mich bitte gleich mitnehmen! (Ich bringe auch Kekse mit 😉
    Ernsthaft: Vielen Dank für den Post, durch den ich vom „Endlich Berliner“-Kleinod erfahren durfte.

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