Wenn man Menschen mit Goldkettchen, schrägen Blazern, aus der Zeit gefallene Damen mit Netzstrümpfen und massenhaft Träger atemberaubend komplizierter, etwa 1980 in Mode gewesener Brillengestelle sieht, dann ist man im alten Westen der Hauptstadt angekommen. Wenn sich diese Menschen häufen und wenn dann auch Rolf Eden, Walter Momper und Atze Brauner in der Nähe sind, dann muss gerade eine Theaterpremiere stattfinden.
Es war nicht irgendeine Premierere: Hildegard Knef ist zurückgekehrt nach Berlin. Dank der großartigen Schauspielerin Judy Winter. Sie, die schon mit großem Erfolg den anderen Weltstar der Hauptstadt auf der Bühne gegeben hat, Marlene Dietrich, zeigt nun auch eine sehr authentische Knef. Oder „Hildegarde Neff“, wie sie in den Staaten genannt wurde.
Judy Winter macht ihre Sache perfekt. Sie kann singen, das wissen wir seit dem Stück „Marlene“. Und die 69-Jährige, selbst ja bereits eine Diva, kann auch schauspielerisch die Rolle der Diva geben. Sie schafft es sogar, das schwache Stück vergessen zu lassen: Die tote Hildegard trifft in einer Zwischenstufe zwischen Himmel und Hölle den Teufel (Stephan Benson), der versucht, ihre Seele zu erhaschen. Er schafft es nicht. Soviel sei verraten. Beide, Teufel und Knef, diskutieren aber des längeren über das Leben der Schauspielerin, Sängerin, Malerin, Autorin.
„Ich brauch Tapetenwechsel“, „Eins und eins“ – Judy Winter singt alle bekannten Knef-Songs. Bis auf einen. Bis auf den bekannstesten. „Für mich soll´s rote Rosen regnen“ wird nur ganz am Ende als Sprechtext geboten. Wahrscheinlich aus Respekt vor Hildegard Knef. Gut so. Auch wenn es Judy Winter bestimmt bestens hinbekommen hätte.
Bis Ende August läuft das Stück mit einigen Unterbrechungen im Theater am Kurfürstendamm.