Johann Sebastian Berghain

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Am Eingang Jungs mit breiten Schultern, die einem das Fotografieren verbieten. Und zwar so, dass man auch wirklich gleich die Lust am Fotografieren verliert. Innen rohe Betonwände, Eisengitter, dunkle Ecken, Flaschenbier. Von der Decke hängen Lautsprecher, so groß wie ein Smart.

Eine Konstellation, bei der man nicht unbedingt an Johann Sebastian Bach denkt, sondern eher an das Berghain. Den einstmals angeblich besten Techno-Club der Welt. Heute noch mit einem legendären Ruf. Junge Touristen bis aus Argentinien und Australien reisen extra dafür an, stehen stundenlang in der Schlange vor der Türe. Nur um dann zu erfahren, dass sie nicht rein dürfen.

Jetzt durften ausnahmsweise mal alle rein, die in der Lage waren, 19 Euro Eintritt zu bezahlen. Die Töne klangen allerdings erheblich anders als sonst. Kein Wummern, sondern ein sanfter barocker Streicherklang . Der Titel der Veranstaltung: „The Silent Cantata“. Auf der Bühne mitten in der Panorama-Bar: Burak Özdemir und sein Ensemble Musica Sequenza.

Die Musiker spielten Auszüge aus Bachs Kantaten. Moment mal: Kantaten? Haben wir da nicht mal gelernt, dass die gesungen werden? Stimmt. Aber das ist auch der ganz besondere Reiz des Abends. Denn die tragende Stimme der Kantaten stammt eben nicht aus dem Munde eines Sängers, sondern von Burak Özdemirs Fagott. Ein Experiment. Schafft es ein Instrument, die menschliche Stimme vergessen zu machen? Wohl eher nicht, zumindest nicht einen ganzen Abend lang. Aber: Das ist auch gar nicht nötig, denn es entsteht etwas ganz anderes daraus als die gewohnten Kantaten. Ein pulsierender Ton, der den Zuhörer gefangen nimmt. Und das auch noch in der unwirtlichen Umgebung eines ehemaligen Heizkraftwerks.

Das Berghain hat als Veranstaltungsort für klassische Kultur inzwischen einen guten Ruf. Simon Halsey und sein Berliner Rundfunkchor führten hier Gustav Holsts Choral Hymnus from the Rig Veda auf. Das Staatsballett zeigte das Stück „Masse“.  Es ist fast immer ausverkauft. Das lag am herausragenden Programm. Aber auch ein wenig am Grusel, den brave Bildungsbürger schon beim Betreten des Berghain erfahren. Selbst wenn sie da nur Johann Sebastian Bach begegnen.

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