Kein Wunder, dass es sich um eine Uraufführung handelt. Welcher Regisseur hätte es in den vergangenen 50 Jahren schon gewagt, Texte des Schriftstellers Konrad Bayer (+ 1964) zu inszenieren? Was der Österreicher geschrieben hat, das liest sich so:
„la la la“, sang goldenberg.
„bla bla“, antwortete braunschweiger.
hierauf waren beide, braunschweiger und goldenberg,
minutenlang glücklich
Erfolgsregisseur Herbert Fritsch – der Mann, der Slapstick, Akrobatik und ausgefallene Werke auf großen deutschen Bühnen hoffähig gemacht hat – kennt den Autor Konrad Bayer schon lange und schätzt seine Gedichte und seine Prosa sehr. Angst vor schwierigen Stoffen hat Fritsch grundsätzlich nicht. Er brachte den angestaubten Boulevardklassiker „Die spanische Fliege“ebenso zur Aufführung wie „Murmel Murmel“ von Dieter Roth. Letzteres besteht nur aus einem Wort, nämlich „Murmel“. Wer es schafft, dass sich die Zuschauer das 80 Minuten lang mit wachsender Begeisterung ansehem, der schafft alles. Also auch Konrad Bayer.
Herbert Fritsch vertraut auch bei dem Stück „der die mann“ auf seine bewährten Zutaten: eine vergleichsweise spärlich ausgestattete Bühne (hier: überdimensionaler Grammophontrichter und Showtreppe, die Menschen verschwinden lassen kann), schrille Kostümierung und Maske (erst Lackanzüge, dann Trachtenjanker), ein sensationelles akrobatisches Element (ein grünes Gummiseil, das die Schauspieler mehrere Meter hoch schnalzen lässt), perfekt einstudierte Choreographie, jede Menge Situationskomik.
Eines darf man dem Regisseur aber bei allem schrillen Drumherum nicht unterstellen: dass er auf den Text, auf das einzelne Wort nicht mehr achten würde. Ganz im Gegenteil: Wer Gedichte und Prosa wie die von Konrad Bayer auf die Bühne bringt, durchaus vergleichbar mit dem weit bekannteren Ernst Jandl, der muss exakt inszenieren. Genau das tut Herbert Fritsch. Was für den Zuschauer so leicht daher kommt, ist hart einstudiert. Möglicherweise auch unter Schmerzen, wie die Bandage an der Hand eines der Schauspieler beweist.
Die Zuschauer jubeln bei der Uraufführung. Da will natürlich auch der Regisseur beim Schlussapplaus gegenüber seinen Schauspielern technisch nicht hintan stehen. Er legt auf der Bühne eine perfekte Bauchlandung vor dem Publikum hin. Neben aller Freude des Publikums ein weiterer großer Verdienst dieser Inszenierung: Konrad Bayer, der ewig Unterschätzte, ist wieder einmal im Gespräch. Vielleicht lesen ja nun ein paar Menschen mehr seine Texte. Heiner Müller nannte ihn ein „wirkliche(s) Genie“.
- der die mann (Applausfoto)
- Regisseur Herbert Fritsch
- Volksbühne
- der die mann (Applausfoto)
Regie und Bühne: Herbert Fritsch, Kostüme: Victoria Behr, Licht: Torsten König, Musikalische Leitung: Ingo Günther, Dramaturgie: Sabrina Zwach; Mitwirkende: Florian Anderer, Jan Bluthardt, Werner Eng, Annika Meier, Ruth Rosenfeld, Axel Wandtke, Hubert Wild; dasderdiemannorchester: Ingo Günther, Michael Rowalska, Taiko Saito, Fabrizio Tentoni.