Von Dürer, Botticelli, Rembrandt, Rubens, Monet, Manet, Turner, Matisse und Klee umgeben sein – manche nehmen dafür weite Reisen in Kauf und zahlen Eintritt. Andere müssen das nicht. Sie haben das jeden Tag, denn
sie arbeiten als Aufseherin oder Aufseher im Kunstmuseum. Nicht immer hat man aber als Besucher den Eindruck, dass sie das auch genießen. Eine kleine Typologie der Museumswärter.
Der Gelangweilte: Er interessiert sich nicht mehr (oder hat sich noch nie interessiert) für das, was da um ihn herum an den Wänden hängt. Und im Grunde auch nicht für die Museumsbesucher. Für ihn ist der Job erkennbar eine Quälerei. In früheren Zeiten hat er Bücher oder Zeitschriften gelesen, wenn ihm das erlaubt war. Heute verbringt er, wenn er nicht gerade auf seine Schuhe starrt, die Zeit mit seinem Smartphone. Das rettet ihm seinen Tag.
Der Detektiv: Er sieht in jedem Besucher einen möglichen Kunstdieb oder Herostraten (Kunstzerstörer) und verhält sich entsprechend. Sein kritischer Blick ersetzt jeden Metalldetektor. Sein Menschenbild entspricht dem eines Strafrichters am Amtsgericht nach 30 Dienstjahren. Was die Überwachung der Gäste betrifft, so setzt er auf das Prinzip Manndeckung. Niemals weiter als zwei, drei Meter vom kriminellen Subjekt entfernt sein.
Der Kleiderwart: Er ist vor allem darauf bedacht, dass niemand mit unerlaubten Kleidungsstücken oder Taschen unterwegs ist. Gerne misst er Handtaschen ab, ob sie zwei bis drei Zentimeter zu groß für die Mitnahme ins Museum sind. In diesem Falle verweist er mit dem Zeigefinger in Richtung Garderobe oder Schließfach. Regelmäßig ermahnt er Besucher, ihre Jacken auch wirklich anzuziehen und nicht nur über die Schultern zu hängen. Ihm verdanken wir auch die seltsamen Wesen, die ihre Rucksäcke über den Bauch gehängt haben.
Der Kunstfreund: Er wirft auf seinen Rundgängen immer wieder mal einen Blick auf die Gemälde. Das hat er schon oft getan, trotzdem entdeckt er ständig etwas neues. Wahrscheinlich weiß er über ausgesuchte einzelne Werke mehr als manche Kuratoren. Aber das würde er nie von sich behaupten. Er ist ein stiller Genießer, der sich jeden Tag darüber freut, hier arbeiten zu dürfen. Es wäre mal interessant, von ihm zu erfahren, was man nach 10.000 Tagen mit Dürer über Dürer denkt. Aber auf solche Gespräche würde er sich nicht einlassen.
Der Kunstführer: Er ist ein Verwandter des gerade beschriebenen Typs. Allerdings will er andere an seinem Wissen teilhaben lassen. Wenn er bemerkt, dass jemand über einem bestimmten Gemälde ins Grübeln kommt, spricht er ihm an, erklärt ihm manches zu Kunstwerken und Künstlern. Im besten Falle ist er dann auch noch so sensibel, zu wissen, wann er damit aufhören sollte. Im schlechtesten Falle muss man als Besucher die Flucht ergreifen, um auch wieder mal etwas in Ruhe ansehen zu können. Der Kunstführer ist eher selten. Es gilt die Regel: Je kleiner das Museum, desto größer ist die Chance, auf ihn zu treffen.