Ich habe fast elf Jahre in Berlin gebraucht, ehe ich vor kurzem das erste Mal ins Grips-Theater am Hansaplatz ging. Man hat ja seine Vorurteile – von wegen altlinkes, allzu plump auftretendes Belehrungstheater. Es kam dann ganz anders. Das Stück „Schöner wohnen“ („Ein singender Umzug“) über die Luxussanierung eines Hauses und die Vertreibung seiner Bewohner ist gerade noch so plakativ, wie es ein Jugendstück wohl sein muss. Es ist aber vor allem eines: unterhaltsam und hochprofessionell dargeboten. Das Haus war voll. So wie bei anderen Theatern die natürliche Einheit der einzelne Zuschauer ist, so scheint es beim Grips die Schulklasse zu sein. Und trotzdem droht nun das Ende.
Wie der Tagesspiegel heute berichtet, fehlen dem chronisch unterfinanzierten Haus 150.000 Euro. Stellt der Senat das Geld nicht zur Verfügung, könnte das die Pleite bedeuten. Kaum vorstellbar, dass die Kulturverwaltung diesen Betrag nicht noch irgendwo loszueisen weiß. 150.000 Euro – und dafür den Weltruhm des erfolgreichsten, vielfach prämierten deutschen Kinder- und Jugendtheaters risikieren?
Man kann es verstehen, was Grips-Gründervater Volker Ludwig vor einigen Wochen dem Regierenden Bürgermeister und Kultursenator Klaus Wowereit schrieb: „Dieser Brief ist mein allerletzter Versuch, einen auch für die Berliner Kultur desaströsen Eklat abzuwenden. Das Grips Theater ist in den letzten acht Jahren trotz gleichbleibender Höchstleistungen dermaßen ausgeblutet, dass eine Insolvenz unvermeidlich ist, wenn nicht binnen vier Wochen endlich etwas Greifbares geschieht. Zwar bin ich schon ganz schief vom vielen Schulterklopfen, ertrinke fast in einem Meer von Verehrung, Liebe und Verständnis, auch vonseiten der Kulturverwaltung, doch was hilft mir das, wenn sie nicht handelt?“
Nachtrag: Die Berliner Zeitung sah die Sache Tags darauf nicht ganz so dramatisch, sprach sogar von einer Falschmeldung.