Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol

Wer Kreuzberg verstehen will, der muss Klaus Bittermann lesen. Es sind nur zwei, drei Seiten lange Szenen, Skizzen, Beobachtungen, Einwürfe, die der Berliner Verleger und Autor in seinem Buch „Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol“ gesammelt hat. Aber sie besitzen – zusammengenommen – die Qualität eines großen Prosastücks.

Ob man den Verfasser nun gleich mit Walter Benjamin vergleichen muss, wie das ein Kritiker getan hat, will ich bezweifeln. Aber ich mag den schnoddrigen, beiläufigen Ton, den er anschlägt – egal, über wen er schreibt. Sein Personal besteht aus den „lustigen Alkis“, den „Goldkettchenjungs“ und den „Abgedrehten“, die ihm in Kreuzberg über den Weg laufen. Man lernt Figuren wie den selbsternannten Baumfreund kennen, der den Passanten fragt „Interessierste dich für dette hier?“ und der gerne die Firma Mercedes „für ne Patenschaft gewinnen“ möchte. Man begleitet den Autor in die Umkleidekabine des Spreewaldbades, wo er „auf fünfzehn Halbstarke mit Migrationshintergrund und mit Oberwasser“ trifft und sich seinen superstarken Kumpel Eddy herbei sehnt, der aber natürlich nicht kommt, wenn man ihn gerade braucht.

Es sind in der Regel schrundige, mindestens leicht verpeilte und dem Erwerbsleben schon länger entwöhnte Gestalten, die das Personentableau bei Klaus Bittermann bilden. Eine schöne Abwechslung, ja eigentlich schon eine kleine Erholungsreise, wenn man es sonst eher mit den Bionade-Nerds vom Prenzlauer Berg oder den glatten Mitte-Typen zu tun hat.

Klaus Bittermann, Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol – Kreuzberger Szenen, Edition Tiamat, 192 Seiten, 14 Euro.