Schon an der Kasse fängt es an, ein wenig anders zu sein als an normalen Kassen bei Kulturveranstaltungen. Frage: „Was kostet der Eintritt?“ Antwort: „Sieben bis zwölf Euro. Je nachdem, wie reich Sie sind.“
Ein Abend in den Ufer-Studios, einem der lebendigsten Tanzzentren in Berlin. Der Titel: „S.o.S. – Students on Stage“. Die fortgeschrittenen Tanzstudent(inn)en zeigten fünf Arbeiten, jeweils von etwa zehn Minuten. Das sorgte für deutlich mehr Abwechslung, als man an einem normalen Tanzabend zu sehen bekommt, an dem auch schon mal eine einzige Idee eine Stunde lang variiert wird.
So unterschiedlich die Stücke waren, so sehenswert war jedes für sich. Als die Zuschauer eingelassen wurden, standen drei überdimensierte Lampenschirme im Raum. Dann gingen Taschenlampen an. Nackte Körper, nur als Schattenriss erkennbar, begannen sich unter den Gehäusen zu räkeln und strecken. Dann stiegen Anna-Maria Ertl, Sophie Guisset und Janine Iten aus den Lampenschirmen und loteten aus, was sie sich (und wir uns) unter Nacktheit, Intimität und Erotik vorstellen. Gesten, Posen und Haltungen, die einem irgendwie bekannt vorkommen und die mal authentisch wirken, mal wie ein Abklatsch irgendwelcher Porno-Szenen. Das Ende – ein umgekehrter Striptease, wenn man so will: Die bis dahin nackten Frauen ziehen sich wieder an. Der Titel des Stücks: „To Overcome Loneliness“.
Ania Nowak und Martin Hansen setzten auf etwas ganz anderes: den Witz und die Kraft des Sprechgesangs. Ihren Ansatz beschreiben sie so: „The Summit of a Chimney („Die Spitze des Schornsteins“) ist eine leidenschaftliche Übung in Literatur und Choreografie, in einer halben Stunde erdacht mit der Hilfe von Edgar Allan Poe und zweier berühmter Choreografen.“ Sollte es wirklich nur eine halbe Stunde sein, in der die Arbeit entstand, dann war es eine glückliche halbe Stunde, denn das Stück wirkt sehr ausgereift.
Ebenfalls eine schöne Idee: Zwei Tänzerinnen (Selina Menzel, Christina Wüstenhagen), eine Cellistin (Rahel Pötsch) und ein Schlagzeuger (Janek Sprachta) treten in „Flageolet“ miteinander auf. Aber nicht etwa nur so, dass die Musiker musizieren und die Tänzer tanzen. Nein, die Tänzerinnen bringen die Instrumente zum Tanzen und schlagen sogar selbst einen Ton an. Das ist mehr als nur ein Tanzstück mit Musikbegleitung- Nir Vidan hat in seiner Choreografie „Epi dermis“ einen Wackeldackel dabei, was allerdings lustiger klingt, als es tatsächlich ist. Denn bei diesem Stück handelt es sich um eine sehr dichte, intensive und schweißtreibende Ausforschung des eigenen – ähnlich dem Kopf des Wackeldackels – zitternden Körpers. Miriam Kongstad und Xenia Taniko Dwertmann loten in „Whitin Between“ eine Ecke des Raumes aus, kriechen geradezu in sie hinein, sind als Akteure fast schon gar nicht mehr wahrnehmbar, bilden gemeinsam eine menschliche Füllmasse. Nur logisch, dass sie weder beim Betreten noch beim Verlassen der Bühne ihre Gesichter erkennen lassen. Nicht einmal den Schlussapplaus nehmen sie entgegen.
Mitwirkende: Anna-Maria Ertl, Sophie Guisset, Janine Iten, Miriam Kongstad, Xenia Taniko Dwertmann, Nir Vidan, Ania Nowak, Martin Hansen, Christina Wüstenhagen, Rahel Pötsch, Janek Sprachta, Selina Menzel