Ein Theaterstück wie ein Maßanzug. In jeder Aufführung nur ein Zuschauer. Nämlich Du!

Es fängt mit einem Lageplan an. Den erhält, wer so glücklich war, eine Eintrittskarte zu ergattern. Dann gibt es noch ein Zeitfenster von einer halben Stunde. Der zahlende Gast hat  gefälligst pünktlich zu erscheinen, an der richtigen Türe irgendwo im Hinterland der Karl-Marx-Allee zu klingeln und einen Code einzugeben. Über die Sprechanlage wird er nicht gerade freundlich begrüßt.

Das ganze gehört zum Rahmenprogramm des Berliner Theatertreffens. Das Stück heißt „Haus Nummer Null“ und es ist wirklich eine ganz besondere Veranstaltung: mit nur einem Zuschauer, der zugleich in Personalunion auch der einzige Schauspieler ist. Ständig überwacht allerdings von Kameras und begleitet von Stimmen aus unsichtbaren Lautsprechern.

Mona el Gammal und Juri Pradel, Regisseure und Bühnenbildner zugleich, haben ein ehemaliges Ladenlokal in Berlin-Mitte, Berolinastraße, zum „Institut für Methode“ (IFM) umgebaut. Eine Mischung aus Forschungslabor und Weltraumstation. Überall finden sich Desinfektionsduschen, Laborgerätschaften, flimmernde Bildschirme. Eine Frau N. hat hier offensichtlich einmal gelebt und gearbeitet, bis eine rätselhafte Seuche ausbrach. Blutreste in einer Petrischale zeugen von medizinischen Untersuchungen. Frau N.´s  Schuhe stehen noch neben dem Bett. Ihre Aufzeichnungen, in denen der Besucher ungestört herumschnüffeln darf, sind etwas chaotisch auf dem Schreibtisch verstreut. Hat hier jemand etwas gesucht? Musste Frau N. schnell verschwinden und kramte noch schnell die wichtigsten Unterlagen zusammen.

Beim Gang durch die Kulissen ist der Zuschauer ganz auf sich alleine gestellt. Wie lange er in welchem Raum verweilt, ob er sich tatsächlich durch den Mauerdurchbruch in das Geheimlabor wagt, welches Schubfach er öffnet… Niemand schreibt ihm etwas vor. Die einzige Einwirkung von außen: Es sind immer wieder Geräusche zu hören. Der Anrufbeantworter schaltet sich ein, die Tochter von Frau N. meldet sich. Rätselhafte Rundfunknachrichten werden eingeblendet.

Als die halbe Stunde vorbei ist, geht es plötzlich sehr schnell. Eine Stimme fordert den Besucher auf, den Schauplatz unverzüglich zu verlassen. Eine Türe in der Wand öffnet sich – und man steht auf dem Bürgersteig. Vor einer Plakatwand, hinter der niemand eine solche Geheimtüre vermuten würde.

Die Zeit- und Rauminstallation „Haus Nummer Null“ ist ein Grenzgänger zwischen bildender Kunst und darstellender Kunst. Sie könnte genauso gut auf der Biennale oder der Documenta gezeigt werden. Ein wenig von einer Geisterbahn hat es auch. Keine schlechte Rezeptur. Nachdenklich macht es vor allem deswegen, weil der Besucher mal wirklich auf sich alleine gestellt ist.