Ich dachte, er sei längst ausgestorben. Ungefähr so, wie der Brontosaurus oder der Archaeopteryx. Wer verwendet denn in Schulen und an Unis noch einen Overheadprojektor? Aber da habe ich mich getäuscht. Er macht derzeit eine zweite Karriere – und zwar auf Theaterbühnen.
Etwa fünf, sechs Mal ist mir im vergangenen halben Jahr in Inszenierungen ein Overheadprojektor begegnet. Zuletzt am bat-Studiotheater der Schauspielhochschule Ernst Busch („Elf“ – ein Experiment von Choreographie- und Szenographie-Studierenden) und beim Berliner Theatertreffen („Die lächerliche Finsternis“, Burgtheater Wien). Da standen nicht etwa nur Projektoren als bloße Bühnendekoration herum. Das wäre ja primitiv. Nein, sie waren entscheidende nicht-menschliche Mitspieler. Ohne sie hätten die Inszenierungen ganz anders ausgesehen.
Wie werden sie eingesetzt? In der Regel als eine Art Mini-Scheinwerfer, die direkt von den Schauspielern bedient werden. Trotz ihrer mageren Lichtstärke (im Vergleich zu den richtigen Bühnenscheinwerfern) schaffen sie es noch, dämonische Schatten in das Gesicht eines Schauspielers zu zaubern oder bestimmte Bereiche der Bühne auszuleuchten. Daneben kann man mit Hilfe von Folien großflächig Zeichnungen, Handschriften und Bilder an die Bühnenwand projizieren. Und sogar für beeindruckende Spezialeffekte taugen die schlichten Geräte. So erzeugten die Studierenden am bat-Studiotheater mit zerknüllter Plastikfolie, die sie über die Projektionsfläche bewegten, surreale Landschaften an der Bühnenwand. In „Die lächerliche Finsterniss“ reichte rote Farbe, über die Projektionsfläche gegossen, um die dahinter stehende Schauspielerin plötzlich blutunterlaufen aussehen zu lassen. Mit Powerpoint ginge das nicht. (Die Fotos auf dieser Seite stammen vom Theatertreffen)