Kunst am Wegesrand (4): Berlins einzige Bibliothek ohne Bücher

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Schulklassen sind ein guter Prüfstein. Wenn sie beim Betrachten eines zeitgenössischen Kunstwerks keine Faxen machen, sondern aufmerksam hinsehen, still werden, dann kann das, was da gezeigt wird, schon mal nicht so schlecht sein. Wer sich am Bebelplatz aufhält (nahe Staatsoper, Hotel de Rome und Humboldt-Uni), der erlebt das regelmäßig.

Micha Ullmans Denkmal zur Erinnerung an die Bücherverbrennung vom 10. Mai 1933 ist eines der interessantesten Kunstwerke, die man in Berlin am Wegesrand, Tag und Nacht, besichtigen kann.

Was hat der 74-jährige Künstler aus Israel gemacht? Er ließ genau an der Stelle, an der der Mob unter den Klängen von SA-Kapellen stapelweise Bücher verbrannte, einen unterirdischen Raum als Bibliothek einrichten. Ganz in Weiß die Wände und die Bücherregale. Aber ohne ein einziges Buch. Betreten kann man diesen Raum nicht, sondern nur von oben, durch ein Fenster aus Panzerglas hineinsehen. 20.000 Bände würden in die Regale passen – so viele, wie im Mai 33 ins Feuer geworfen wurden. Die verbrannten Werke stammten unter anderem von Erich Kästner, Oskar Maria Graf, Kurt Tucholsky, Sigmund Freud und Heinrich Mann

Auf der Website des  Deutschen Historischen Museum kann man einen Original-Rundfunkbeitrag über die Bücherverbrennung vor 80 Jahren hören.

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