Die Geschichte kennt man irgendwie. Ein Mann trifft auf eine Fee. Und die verspricht, ihm drei Wünsche zu erfüllen. Das geht selten gut, denn die Menschen wünschen sich immer das Falsche. So auch in der Oper Les trois souhaits („Die drei Wünsche“) von Bohuslav Martinu und Georges Ribemont-Dessaignes (Libretto).
Diese Oper, 1929 veröffentlicht, wird auf den deutschen und europäischen Bühnen sehr selten gegeben. Unverdient selten, denn Martinu steht wie kaum ein anderer Komponist an der Schnittstelle zwischen klassischem und konventionellem Musiktheater. Die Anhänger beider Lager können gut zuhören, ohne nach einer halben Stunde die Flucht ergreifen zu müssen. Und der vom Dadaismus angehauchte Stoff ist erst recht außergewöhnlich: Leibhaftige Kinozuschauer werden plötzlich als Mitspieler in die überaus phantastische Handlung auf der Leinwand einbezogen. Dabei kommt es auch zu der Begegnung des Helden mit der Fee. Seine drei Wünsche (Reichtum, ewige Jugend für seine Frau und der Wunsch, geliebt zu werden) klingen auf Anhieb nicht unvernünftig, erweisen sich aber als fatal.
Am Ende kehren die auf die Leinwand verbannten Menschen wieder zurück in das Kino. Klingt alles eher nach einem Cyber-Stoff aus den 2000er Jahren, ist aber wie bereits erwähnt schon vor über 80 Jahren geschrieben worden. Der Universität der Künste kommt das Verdienst zu, „Die drei Wünsche“ endlich wieder einmal in Berlin auf die Bühne gebracht zu haben. Und zwar nicht irgendwie, sondern in einer wirklich bemerkenswerten Inszenierung.
Vor allem der Wechsel der realen Figuren auf die Leinwand und zurück ist überaus einfallsreich gelöst und stünde jeder Staatsbühne gut zu Gesicht. Regisseur Frank Hilbrich, Bühnenbildnerin Isabelle Kaiser und das dreiköpfige Videoteam aus Elisa Gómez Alvarez, Alma Frederyke Sauerbrey und Marc Trompetter lassen die Figuren im wahrsten Sinne des Wortes in die Filmhandlung hineinschlüpfen (unter der Leinwand hindurch) und dort eine bizarre Märchenhandlung erleben.
Sängerinnen und Sänger sowie das Sinfonieorchesters der Universität der Künste sind auf gewohnt hohem Niveau. Etliches davon wird im Gedächtnis bleiben: Pascal Heringtons Auftritt als Tango-Automat, Victoria Cox Casanova als Männer verschlingende Dinah, Athanasios Pogkas als Verlierer des Stücks, der falsch gewünscht hat und deswegen am Ende alles verliert. Sogar sein Leben.
Weitere Aufführungen am 8. und 9. Juli 2014 im Uni.T-Theater.
Musikalische Leitung: Errico Fresis; Nachdirigent: Alexej Vassilenko; Regie: Frank Hilbrich; Bühne: Isabelle Kaiser; Kostüme: Claudio Aguirre; Video/Film: Elisa Gómez Alvarez, Alma Frederyke Sauerbrey, Marc Trompetter; Licht: Detlev Graf; Chorleitung: Mirjam Sohar; Solistinnen und Solisten: Athanasius Pogkas, Michael Zehe, Jelena Bankovic, Nina Maria Fischer, Manuel Gómez Ruiz, Robert Schär, Luise von Garnier, Luise Lein, Kimberley Boettger-Soller, Johanna Knauth, Ena Pongrac, Josephine Rösener, Pascal Herington, Kornel Maciejowski, Victoria Cox Casanova, Iris Marie Sojer, Theo Rüster, Jonas Böhm, Alexander Fedorov, André Baleiro, Youngbin Park; Vokalsolistenensemble: Natalia Labourdette, Marie-Audrey Schatz, Veronika Würfl, Antje Bornemeier, Kathleen Brandhofer, Eva Friedrich, Yan Xie, Wooyoung Park.
Weitere Berliner Hochschulinszenierungen:
MUSICAL-DARSTELLER, DIE ZEHNKÄMPFER AUF DER BÜHNE
DIE GÄRTNERIN AUS LIEBE – SCHLICHT UND SCHÖN
EIN KREUZBERGER CLUB MACHT EINE ZEITREISE INS JAHR 1597