Wenn es Nacht wird in Berlin, dann verzaubert Otto Piene die Stadt

Er durfte es leider nicht mehr erleben. Wenige Tage, bevor seinetwegen halb Berlin auf den Beinen war, starb der Künstler Otto Piene im Alter von 86 Jahren. Er hatte selbst sogar noch bei größter Hitze seine Lichtinstallation auf dem Dach der Neuen Nationalgalerie begutachtet. Beim nächtlichen Höhepunkt war er dann schon nicht mehr dabei. Zumindest nicht so, dass man ihn hätte sehen können.

Kinder, Alte, Kunstfreunde, Kunsthasser, Ungeduldige und meditiativ Veranlagte – sie alle dürften bei der Ausstellung Otto Pienes ihr Vergnügen haben. Die Mittel sind eigentlich recht einfach. Im Inneren der Neuen Nationalgalerie sind einige Leinwände und ein riesiger weißer Ball  aufgebaut. Und darauf wird ein psychedelischer Lichtzauber projeziert. Wenn Menschen zwischen Lichtquelle und Leinwand treten – was sie dürfen und ausdrücklich sollen -, dann erscheinen sie selbst als Schattengebilde. Dazu spricht eine Stimme über Lautsprecher monoton „The sun, the sun“.

Gesteigert wurde dieses Erlebnis noch durch das Bespielen des Dachs der Nationalgalerie. Am Wochenende nach der Ausstellungseröffnung lagerten Zehntausende von Berlinern und Touristen um das Gebäude und warteten darauf, dass es dunkel wurde. Dann erstrahlten nämlich auch die aufblasbaren Hüllen auf dem Dach – zwei Sterne und so etwas wie Luftschlangen. Ein einmaliges Gesamtkunstwerk (siehe die Fotos unten).

Otto Piene (+ 17. Juli 2014) war ein nicht unbedingt namentlich sehr bekannter, aber doch sehr einflussreicher deutscher Künstler. Er gründete die Gruppe Zero mit und setzte sich Zeit seines Lebens mit den Themen Licht, Himmel, Sonne, Projektion auseinander. In Berlin gibt es zu seinen Ehren derzeit gleich zwei Ausstellungen: die bereits erwähnte in der Neuen Nationalgalerie und eine in der Kunsthalle der Deutschen Bank Unter den Linden. Beide Ausstellungen laufen bis 31. August.

Man hatte kurz überlegt, ob die nächtliche Projektion nach dem Tod Otto Pienes überhaupt stattfinden soll. Er selbst hätte diese Frage bestimmt nicht gestellt. Und so wurde die Veranstaltung ein letzter Himmelsgruß an den Himmelskünstler.

 

 

 

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