Dr. House in Berlin – gute Musik, aber keine Wunderheilungen

Die einzige Enttäuschung des Abends: Er ist nett, ja sogar reizend. Ich habe inzwischen wohl mindestens 50 Folgen von Dr. House gesehen,  mich dabei an den biestigen Charme des Hauptdarstellers gewöhnt. Und was tut er nun, als ich ihn zum ersten Mal live erlebe? Er entschuldigt er sich in einem fort, dass er nicht so gut Klavier spielen könne. Er klatscht sogar dem Publikum Applaus, weil es ihm, dem angeblichen Stümper, zuzuhören bereit ist. Das muss ich erst einmal verkraften.

Natürlich ist mir klar, dass man einen Schauspieler nicht mit seiner Rolle verwechseln darf. Deswegen habe ich ja auch nicht erwartet, dass Hugh Laurie zum Auftakt seiner Deutschland-Tournee mit einem Gehstock auf der Bühne des Berliner Tempodrom erscheinen und uns Zuhörern mitteilen würde, dass wir nicht an Lupus leiden. Aber die kleinen und großen Gemeinheiten gehörten für mich einfach untrennbar zu Dr. Gregory House UND Hugh Laurie. Bis zu diesem Abend.

Er singt, er spielt Klavier, er spielt Gitarre. Nichts davon tut er so gut, wie es die sechs Mitglieder seiner Band Copper Bottom tun. Aber doch alles so gut, dass er niemals spürbar  hinter sie zurückfallen würde. Das ist der Reiz des Abends: Einer der bekanntesten Serienschauspieler der Welt zeigt sich von einer anderen künstlerischen Seite – als musikalischer Amateur. Amateur kommt von amare = lieben. Und das merkt man zu jeder Sekunde: Hugh Laurie ist ins Musizieren verliebt. Er schließt die Augen, wenn er am Flügel sitzt, er tanzt vor Begeisterung über die Bühne.

Dieser Versuch ist eindeutig gelungener als der von Helmut Schmidt als Pianist und der von Harald Schmidt als Schauspieler. Man merkt: Bei Hugh Laurie fehlt nicht viel und er könnte auch ohne die Unterstützung des Dr. House von der Musik leben.

Das Programm? Ein gemütlicher Oldie-Abend  mit einem starken Anteil an Blues-Klassikern. Nichts, was man zwingend zwei Studen lang hören müsste, wenn nicht der glänzende Moderator Hugh Laurie dabei wäre. Aber wie er – in wunderbarem Englisch, er ist ja Brite – durch den Abend führt, Scherze macht (die meisten davon auf eigene Kosten) und die Mitmusiker auf offener Bühne anhimmelt, das erlebt man nur in dieser Konstellation. Das Publikum im Tempodrom – brave Serienzuschauer, meist in eher gehobenem Alter. Ihrem Dr. House fressen sie aus der Hand. Und nun auch Mister Hugh Laurie.

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