Gemüse lebt. Gemüse kann Geräusche von sich geben. Gemüse ist der Star von morgen.
Auf diese Gedanken kann man zumindest kommen, wenn man ein Konzert des Gemüseorchesters Wien (internationler Name: The Vegetable Orchestra Vienna) besucht. Da kommen unter anderem zum Einsatz: Grüner Salat, Tomaten, Gurken, Karotten, Zwiebeln, Petersilie, Kürbisse, Melonen, Kartoffeln, Rettiche und wahrscheinlich noch zehn andere Gemüsesorten. Aber eben gleichzeitig auch Instrumente.
Ein Kürbis, mit einem Mikro versehen, wird zur erstklassigen Trommel. Zum Resonanzkörper, der ein ganzes Konzerthaus bespielen kann. Ähnlich die raschelnden Zwiebelschalen. Technisch eine Stufe höher entwickelt sind die Flöten aus Gelberüben. Das kostet wirklich Arbeit: Die Karotten aushöhlen, sie mit Fingerlöchern versehen, ein Mundstück herausschneiden. Kastagnettenartig dagegen die Aubergine, die fächerförmig aufgeschnitten wird und deren Bestandteile dann geräuschvoll aufeinander klatschen, wenn man sie bewegt. Und erst der ausgehöhlte Rettich, der – mit Wasser gefüllt – ein ganz besonderes, so bisher nicht bekanntes Instrument ergibt, wenn man hineinbläst.
Das Gemüseorchester äfft nicht konkrete Musikstücke nach, weder den Radetzkymarsch noch Schuberts Forellenquintett. Das wäre auch eine schlechte Idee, denn mit Querflöten können nun einfach mal Rettiche nicht mithalten. Statt dessen machen die Wiener etwas anderes: Sie versuchen Musikstile mit ihren seltsamen Instrumenten zu treffen. Und das gelingt ihnen. Mal hört sich das Ganze an, als wäre eine brasilianische Sambatruppe unterwegs, mal klingt es wie beim deutschen Krautrock. Der wirklich mit (auf?) Krautköpfen gespielt wird. Der Bühnenboden sieht nachher wie ein Schlachtfeld aus.
Apropos nachher: The Vegetable Orchestra dürfte die einzige Musikgruppe der Welt sein, die mit den Zuhörern gemeinsam die Instrumente verspeist. Oder zumindest Teile davon. Denn das, was beim Instrumentenbasteln überflüssig ist, landet im Kochtopf und wird dem Publikum serviert, sobald der letzte Ton verklungen ist. Charmant.
- Salatköpfe als Instrument
- Das Ensemble
- Krautköpfe als Instrument
- Die Gemüsesuppe danach
- Instrumente zum Essen
- Nach dem Konzert
Das Ensemble: Jürgen BERLAKOVICH, Nikolaus GANSTERER, Susanna GARTMAYER, Barbara KAISER, Matthias MEINHARTER, Jörg PIRINGER, Ernst REITERMAIER, Richard REPEY, Ingrid SCHLÖGL, Ulrich TROYER, Tamara WILHELM, Martina WINKLER
ANDERE BLOG-BEITRÄGE ZUM THEMA MUSIK:
WO DIE STARS VON MORGEN KOSTENLOS FÜR UNS MUSIZIEREN
Pingback: Mozart, Mahler und Monteverdi statt Mittagessen. Das ist die Zukunft. | metropolkultur
Pingback: Fußball-Weltmeisterschaft: Kann eine Kirchenorgel Béla Réthy ersetzen? | metropolkultur